Nils Rolli - ausgekaemmt
ausgekaemmt
Eine phänomenologisch geprägte Untersuchung an Flachsfasern
Bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, baute man Flachs vorwiegend zur Fasergewinnung für die Textilherstellung an. Die Leinenfasern wurden jedoch mehr und mehr, von den einfacher zu verarbeitenden und günstigeren Baumwollfasern verdrängt. Als zukünftig designschaffende Person, ist die Nachhaltigkeit eines Materials für mich unabdingbar. Die Nachhaltigkeit eines Materials liegt auch in der Unmittelbarkeit. Leinen wird vorwiegend in zentral Europa angebaut, ein Teil davon auch in der Schweiz. Aus der Vorgabe des Moduls: «Es wird mit bereits vorhandenen, aussortierten oder weggeworfenen Materialien und Restposten gearbeitet“ resultierte folgendes Untersuchungsfeld.
In der industriellen Herstellung von Leinengarn, werden die kurzen Leinenfasern von den langen ausgekämmt. Diese ausgekämmten Fasern sind stark durch verholzte Stücke, Samenkapseln und Staub verunreinigt. Als sekundäres Nebenprodukt des technischen, hochwertigen Leinengarns, werden die ausgekämmten Fasern als minderwertiges Material weiterverarbeitet. (Beispielsweise zu Paketschnur) In dieser Untersuchung an den ausgekämmten Leinenfasern und wie sich diese performativ Verwandeln können, haben mich folgende traditionell verankerte Begriffe des Flachsanbaus geleitet:
Raufen, Trocknen, Riffeln, Taurösten, Knicken, Schwingen und Hecheln.
Von den wahren Bedeutungen dieser Begriffe habe ich mich bewusst distanziert und versuchte mich phänomenologisch, anhand dieser Begriffe mit den Fasern auseinander zu setzten. Diese Distanz diente dem Grund unvoreingenommen neue Materialformen/Qualitäten entdecken zu können. Während meinen Untersuchungen ist es mir fortlaufend wichtiger geworden, den Flachs als Monomaterial zu belassen. So habe ich nur durch die Zugabe von Wasser, Hitze und Hilfsmittel aus Flachs selbst mit den Fasern experimentiert. Durch den gestalterischen Anstoss dieser Begriffe und den darauffolgenden Kombinationen in der Verarbeitung der Fasern, entstanden diverse spannende Materialproben. Durch das Raufen (Karden) und Rösten (Hitzepressen) der Fasern entstand ein Leinenvlies. Durch das Pressen unter Hitzeeinfluss ist es möglich die Fasern in eine formstabile, dreidimensionale Form zu bringen. Das Vlies und die verschiedenen Arten es zu verstärken, eröffneten mir ein neues Untersuchungsfeld. Dieses Untersuchungsfeld und der gestalterische Rahmen der Monomaterialität, birgt künstlerisch sowie Produktetechnisch eine Alternative verarbeitungsform der ausgekämmten Flachsfasern.