Silvana Emmenegger - Lätt oder Laim
Lehm ist fast überall verfügbar. In Bachbetten, an Flussufern, aber auch auf Baustellen kommt er zum Vorschein, sobald ein bisschen gegraben wird. Diese Unmittelbarkeit des Materials interessierte mich.
Lehm ist eigentlich ein verunreinigter Ton. Im Schweizerdeutschen wurde ursprünglich unterschieden zwischen «Lätt» = magerer Lehm und Lai(m) = fetter Lehm. Durch Verwitterung von festen Steinen, die durch Wasser, Gletschereis und Winde verfrachtet und in Gewässern oder auf flachen Talböden abgelagert werden, entsteht nach Millionen von Jahren Lehm. Je nach Eisengehalt besitzt der Lehm eine graue oder gelbe bis bräunliche Farbe. Eisenoxide geben dem Lehm beim Brand die rote Farbe
Die ersten Lehme fand ich durch Zufall in meiner unmittelbaren Umgebung. In einem weiteren Schritt habe ich mich spezifisch auf die Suche nach Orten mit Lehmvorkommen gemacht. Auf einer geologischen Karte des Bundes sind Ziegeleien eingetragen, viele sind stillgelegt, die Lehmgruben zum Teil renatuiert oder als Deponie genutzt. So habe ich diverse Ziegeleien in der Umgebung ausfindig gemacht und kontaktiert um Zugang zu den Lehmgruben zu erhalten.
Einerseits ist meine Arbeit eine Sammlung von Lehmen von verschiedenen Fundorten, anderseits ist es auch eine Sammlung von unterschiedlichen Zuständen des Lehms. Zuerst als roher Lehm, dann einerseits gewässert um zu reinigen und anderseits getrocknet um Verunreinigungen heraus zu sieben. Dann gemahlen und gesiebt und wieder Wasser hinzugefügt. Der gereinigte Lehm wurde wieder getrocknet und gebrannt. Zum Schluss wurde alles was noch übrig war in einer Schalung zu Stampflehmproben verarbeitet. So entstanden die verschiedenen Zustände von sechs Fundorten. Es ist eine Sammlung eines Materials, das in seiner Bescheidenheit beachtlich viele Farben, Konsistenzen und Strukturen zum Vorschein bringt.
Ich sehen diese Sammlung als eine, die noch weitergeführt werden kann. Das Sammeln gibt dem Material eine ganz andere Wertigkeit. Sammeln als Praxis ist eigentlich ein alltägliches Phänomen. Jedoch werden oft wertvolle oder besonders ästhetische Dinge gesammelt. So etwas Einfaches wie Erde zu sammeln scheint deshalb auf den ersten Blick etwas widersprüchlich. Doch denke ich nun, dass genau in dieser Bescheidenheit die Stärke des Materials und der Sammlung liegt.