Lisa Rubio - Interaktionen und Momentaufnahmen
Jede Existenz in unserer wesentlich oder abstrakt wahrnehmbarer Welt trägt Potenzial zur Interaktion in sich. Katalysator dieser Interaktion ist materieller oder spiritueller Kontakt zweier oder mehrerer Akteure. Jeder Akteur hat eigene Eigenschaften und somit auch eigene Bedürfnisse. Die einen konkurrenzieren, wobei andere sich ergänzen.
In Bezug auf Materialien formuliert, lösen verschiedene Umwelteinflüsse in verschiedenen Materialien schwächere oder stärkere Reaktionen und Veränderungen aus.
Was diese Interaktionen miteinander verbindet, ist der Austausch oder die Umwandlung v on Energien, angetrieben von unterschiedlichen Merkmalen und Anforderungen der beteiligten Akteure. Anhand einiger Experimente mit Wachs und einer philosophischen Auseinandersetzung wird in dieser Arbeit die Idee von Interaktion entfaltet und erkundet.
Es schmilzt, es fliesst, es härtet aus, es bricht, es wird plastisch. Es verbindet – sich und anderes, es formt, es dichtet ab. Es passt sich an, es widerstrebt, es ist willkürlich und eigenständig, es lässt sich beeinflussen, aber nicht kontrollieren. Es reagiert, es interagiert, es enttäuscht, es überrascht.
Die Wandelbarkeit von Wachs ist wohl dessen bedeutendste Eigenschaft. Bei geringer Hitze erreicht Wachs schon einen flüssigen Zustand und härtet nach verhältnismässig kurzer Zeit wieder aus. Diese Eigenschaften ermöglichen das Festhalten vergänglicher Interaktionen von Wachs und einem Gegenüber in einer Skulptur. Ein abstraktes und vergängliches Moment wird also materialisiert. Die Formgebung entsteht über ein Zusammenspiel zweier oder mehrerer konkurrenzierenden oder ergänzenden Instanzen. Material und Interaktion gestaltet.
Wie sind nun solche gestalterischen Prozesse in einem geöffneten Kontext zu verstehen? Mensch interagiert immer – ob aktiv oder passiv – mit seinem Umfeld. Dabei werden nicht nur Energien, sondern auch Informationen, Bilder, Gefühle, Berührungen, Gedanken und Erinnerungen ausgetauscht. Menschen sind wandelbar. Die einen konkurrenzieren unterei nander und die anderen ergänzen einander. Menschen motivieren und handeln, passen sich an, widersetzen sich, sie sind neugierig und zielstrebig, sie sind eigenständig und individualistisch, sie strukturieren sich, grenzen sich ein, verbinden sich, lassen sich beeinflussen, manchmal kontrollieren, sie reagieren, sie interagieren, sie enttäuschen, sie überraschen.
Wie interagieren wir mit unserem Umfeld? Wann zerstören Interaktionen? Wann bereichern sie uns? Welche Interaktionen geschehen bewusst? Und welche unbewusst? Wie machen sich Missverständnisse bemerkbar? Was sind gelungene Interaktionen? Welchen Einfluss können wir auf diese Gesellschaftsentwürfe nehmen und wie werde so zu weiteren Interaktionen beigetragen? Sind gestalterische Epochen und Bewegungen unbewusste Materialisierungen der Interaktionen in unserer Gesellschaft? Wie zeichnen sich verschiedene Interaktionen in unserer Gesellschaft ab? Und wie stark gestalten Interaktionen unsere Gesellschaft und dessen Struktur mit?